«Avanti o popolo, alla riscossa, Bandiera rossa, Bandiera rossa» – aus vollen Kehlen beschliesst meine Kapelle die Feier zum 1. Mai. Dieses Volkslied aus Italien ist ein kräftiges Beispiel für Programmmusik – Klänge, die sich verbünden mit der Welt ausserhalb der Musik. Das im Unterschied zu Liedern, die nur musikalische Bezüge haben.
Die Grenzen sind freilich fliessend – aber seit dem Barock nahmen die Komponisten immer wieder Bezug auf Stimmungen, auf Naturphänomene, auf ihre Angebetete oder auf Heldentaten ihrer Fürsten. So raschelt, zwitschert, verblüht und gefriert es in den «Vier Jahreszeiten» von Antonio Vivaldi; wir sehen «Elise» schmachten, wenn der Pianist das ihr zugeeignete Stückli spielt, oder wir stellen uns die Bilder einer Ausstellung vor, wenn Modest Mussorgski das grosse Orchester auf Trab bringt.
Trauer und Zuversicht
Anregende Programmmusik macht auch die österreichische Kapelle «Federspiel». Klarinette, Trompeten, Flügelhorn, Posaunen, Tuba – sieben Bläser arbeiten sich an zwei Krisen ab: Der des Klimas und der, die uns das Coronavirus bereitet hat.
Corona bietet eine einfache Programmvorlage: Die Musiker waren eingesperrt zu Hause. Sie übten allein und stellten sich vor, wie es wieder werden würde, wenn das Virus ermattet: «Freedom Waltz». Lüpfig ist der Walzer wie Zirkusmusik, deren Kapelle uns im Publikum ja einstimmen soll, dass jetzt dann wieder die Pferdchen kommen und im Kreis traben.