Gespräch: Valeria Heintges
Frau Rupp, bevor Sie ans TOBS kamen, wechselten Sie nach relativ kurzer Zeit von Theater zu Theater, letztendlich sogar von Schauspiel auf Regie. Dann kamen Sie als Schauspieldirektorin ans TOBS und blieben 17 Jahre. Warum verliess Sie hier der Wunsch nach Veränderung?
Katharina Rupp: Als ich die Solothurner Bühne sah und merkte, wie klein sie ist, dachte ich: «Da geht mir in drei Jahren die Fantasie aus, das zu bespielen. Hier sammele ich Leitungserfahrung, dann ziehe ich weiter…» Dann wurde die Arbeit so intensiv, dass ich kaum Zeit fand, mich um etwas anders zu kümmern. Vor zehn Jahren bot sich die Gelegenheit eines Absprungs.
Aber ich hätte in einer Zeit der Umbrüche ein Ensemble verlassen müssen, das teilweise meinetwegen hierhergezogen war. Darum entschied ich mich zu bleiben, auch weil ich die Gestaltungsmöglichkeiten hier enorm finde.
Dann kam die Sanierung, weil uns das bröckelnde Haus und seine Gipsstuckaturen buchstäblich auf den Kopf fielen;
dann der Umbau, während dem wir überall in der Stadt gespielt haben, die Vorfreude darauf, in ein frisch saniertes Haus zurückzukehren.
Vor zwei Jahren wollte ich wirklich aufhören – aber dann brach die Pandemie aus, und der Intendant bat mich, noch zwei Jahre weiterzumachen. Erst wollte ich nicht, es reichte. Aber es hätte mich frustriert, nur mit Verschiebungen, Ausfällen und Produktionen im Stau zu enden. Also sagte ich zu, noch bis Ende der Saison 2023/24 zu bleiben.
Es war für Sie nicht von Anfang an klar, dass Sie so lange bleiben?
Nein, überhaupt nicht. Es war immer wieder aufs Neue alle zwei Jahre eine echte Entscheidung.
Sie sagten, man hätte hier grosse Gestaltungsmöglichkeiten. Wie erklären Sie das?
Wir sind ein so kleines Team – eine Dramaturgin und ich machen das ganze Schauspielprogramm mit sieben Premieren. Alles wird von uns besetzt und entschieden, ich habe die Prokura für Personal und Programm. Da ergeben sich sehr viele Möglichkeiten, auch mit dem Jungen Theater zusammen.
Ich kann mit dem Team und dem Ensemble alles in die Hand nehmen und prägen. Das ist eine grosse Chance.
Wie haben Sie den Spielplan gestaltet? Von Zwängen wie Schulklassiker mal abgesehen.
Unser Leistungsauftrag gilt für alle Generationen, das ist eine pluralistische Veranstaltung. Es gibt drei Faktoren, die den Spielplan bestimmen: Personen, Themen und Texte. Personen – das sind die, deren Ideen und Projekte wir auf die Bühne bringen wollen und die, mit denen wir diese Vorhaben realisieren können und mit denen man gerne zusammenarbeiten will. Der zweite Faktor sind die Themen, von denen wir finden, dass wir sie verhandeln sollten. Und dann die Texte, alte oder neue, die zu «beleben» sind.
Der Spielplan ist eine komplizierte Tüftelei, weil das Budget beklemmend eng ist. Mit mehr Geld wäre unser Spielplan in relativ kurzer Zeit erstellt, aber so brauchen wir 10, 15 Varianten. Das Anstrengende ist, die Klassiker auf das herunterzudampfen, was wir vermögen. Aber dann stimmen sie oft dramaturgisch nicht mehr. Und wir müssen wieder neu überlegen.