Der Künstler Curdin Tones macht in seinen Arbeiten Geschichte und Traditionen zum Thema und transformiert diese in die Gegenwart.
Bild: Dominik Täuber
Kulturtourismus
Was kann die Kunst, was will das Marketing?
Der Künstler Curdin Tones und der Kulturjournalist Mathias Balzer unterhalten sich an der zweiten Ufficina von Graubünden Cultura über Kunst im öffentlichen Raum, die Wiederbelebung von Traditionen und den Spagat zwischen künstlerischer Vielschichtigkeit und Marketingansprüchen des Tourismus.
Chur, 13.11.2025
Wie bringt man hohe künstlerische Ansprüche mit den Marketingansprüchen des Tourismus in Einklang?
Curdin Tones ist ein Künstler, der mit seinen Projekten im öffentlichen Raum genau solche Fragestellungen anregt.
Im Gespräch anlässlich der zweiten Ufficina von Graubünden Cultura erzählt Tones, warum er begonnen hat, im öffentlichen Raum zu arbeiten und wie er seine Rolle als Künstler in der Gesellschaft sieht – im Speziellen in der Peripherie des Unterengadins.
Curdin Tones
ist bildender Künstler und Initiant der Kulturinitiative SOMALGORS74 in Tschlin. Seit dem Abschluss seines Kunststudiums an der Gerrit Rietveld Akademie 2003 in Amsterdam lebt und arbeitet er sowohl in Tschlin als auch in Amsterdam. Nebst seiner künstlerischen Tätigkeit unterrichtest er seit 2007 an der Gerrit Rietveld Akademie in unterschiedlichen Kunst- und Designabteilungen.
Curdin Tones definiert seine künstlerische Praxis als einen integralen Bestandteil der Gesellschaften, in denen er lebt und arbeitet. Seine Projekte zielen darauf ab, Inhalte zu erarbeiten, die einen spezifischen Bezug zum Dorf, seiner Umgebung, seiner Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft haben.
Er hat Projekte wie Il bügl public (Der öffentliche Brunnen), Uman e luf (Mensch und Wolf), L’archiv da regordanzas dals savurs alpins (Das Archiv der Alpinen Geruchserinnerungen) und Adüna davo il nas (Immer der Nase nach) realisiert und national und international gezeigt.
Curdin Tones beschreibt anhand seines Projekts «Il bügl public (Der öffentliche Brunnen), warum und wie er Brunnen wieder als Begegnungsorte in Bergdörfern inszeniert, wie er solche Projekte mit dem Tourismus vernetzt. Er sagt: «Als Kulturschaffender versuche ich Projekte zu initiieren, die nicht nur Identität bestätigen, sondern einer Gesellschaft auch eine kulturelle Weiterentwicklung ermöglichen soll. Tourismus fokussiert normalerweise hauptsachlich auf das Bewerben von bestehenden Traditionen, was eher die Folklore fördert.»
Curdin Tones verwandelt in seinem Projekt «Il bügl public» Dorfbrunnen in temporäre Badeorte, wo sich Einheimische und Gäste begegnen.
Bild: Curdin Tones
Der Künstler erzählt im Gespräch aber auch, wie wichtig die Zusammenarbeit mit touristischen Akteuren sein kann für die Akzeptanz und Vernetzung solcher Projekte, beispielsweise mit den lokalen Behörden.
Trotz der Vorteile habe diese Zusammenarbeit auch Konsequenzen, gerade für die Wahrnehmung von Projekten bei der einheimischen Bevölkerung. Denn für wen sind sie gemacht: Für die Einheimischen, die Zweitheimischen oder für die Tourist:innen?
Und es geht im Gespräch auch um die Frage, wie man die sozialen Aspekte und die Vielschichtigkeit von partizipativen Kunstprojekten bewahren – und trotzdem im Sinne einer touristischen Nutzung vermarkten kann.
In Curdin Tones «Immer der Nase nach» geht es unter anderem darum, wie wir unsere Beziehung zu Landschaften und Orten über den Geruchssinn vertiefen können.
Graubünden Cultura
Das Projekt «Graubünden Cultura» will Graubünden als eine der führenden Kulturtourismusregionen der Alpen positionieren. Der kulturelle Reichtum Graubündens soll durch kulturtouristische Angebote sicht- und erlebbar gemacht werden. Die Partner aus den Bereichen Kultur und Tourismus sollen gewinnbringend vernetzt werden und in der Öffentlichkeit sowie bei den Gästen ein Bewusstsein für die vielfältige Kultur Graubündens geschaffen werden.
FRIDA Magazin begleitet die Anlässe von Graubünden Cultura mit Inputs wie Reden oder Gesprächen wie diesem.