Prix Garanti aus Bern, jetzt im Gespräch mit Shannon Hughes bei FRIDA Hört Hin vom FRIDA Magazin.

Die Berner Band Prix Garantie mit Candid Rütter, Kevin Zeller, Maxi Ehrenzeller, Milena Keller und Noah Reusser.

Foto: Marion Bernet

Musik

Prix Garanti und ihre Ode an Plastik

Die Berner Band Prix Garanti hat Spass am Drama und das hört man auch. Bei der zweiten EP «Nüt isch guet und aues isch plastik» geht es um ganz persönlichen und allumfassenden Weltschmerz. Warum alles immer künstlicher wird und wie sich dieses Gefühl in poetische berndeutsche Texte verpacken lässt – das klärt Bandmitglied Noah Reusser bei «FRIDA Hört Hin» mit Shannon Hughes. 

Von Shannon Hughes

Bern, 19.04.2023

6 min

Lustig und bebend gaben sie sich bis jetzt, nun wird’s melancholischer: Im März hat Prix Garanti ihre zweite EP «Nüt isch guet und aues isch plastik» über Nullkultur herausgebracht. Prix Garanti ist ein genreübergreifendes Musikprojekt aus Bern, bei dem nicht nur die weinerliche Stimme des Sängers Maxi Ehrenzeller, sondern auch die direkten Songtexte unverkennbar sind.

Was im Corona-Sommer als Idee zwischen drei Freunden begonnen hat, hat sich innerhalb von drei Jahren zu einem Phänomen entwickelt. Aktuell bilden Candid Rütter (er/ihn), Kevin Zeller (er/ihn), Maxi Ehrenzeller (er/ihn), Milena Keller (sie/ihr) und Noah Reusser (er/ihn) die Band.

Die selbst ernannten Plastik Punxx bewegen sich bei ihren Liveshows irgendwo zwischen trashy Techno-Party und Performancekunst – und haben damit über ihre Heimatstadt hinaus treue Anhänger:innen gefunden.

Die Plastik Punxx von Prix Garanti - jetzt im Podcast FRIDA Hört Hin im FRIDA Magazin.

Die Plastik Punxx von Prix Garanti

Die poetischen berndeutschen Texte sind Ausgangslage des Sounds von Prix Garanti. Noah Reusser und Maxi Ehrenzeller verfassen sie, danach geht’s darum, gemeinsam die passende Vertonung davon zu finden.

2020 gaben sie ihre erste Single «Am Stammtisch» heraus, bei dem ein kritisches Loblied des heiligen Schweizer Stammtischs, ein Gitarrenriff und natürlich ein Synthesizer zusammenkommen:

«Hie sitze immer di gliche / Hie redt me immer ds gliche / Hie bsteut me immer ds gliche».

Polarisierender Hyperpop

Ihre 2021 erschienene Debüt-EP «Nüt isch guet und aues isch scheisse» hat besonders mit Pop-Beats und Witz brilliert. Das Gefühl, eine «grupfti Gans» zu sein als Ausdruck der Überforderung, die Verherrlichung der Rolle der DJs, eine kleine Ode an den Berner Fussballclub Young Boys – alles war dabei.

Wie ernst das alles gemeint ist, wird nicht recht klar und polarisiert das Publikum. Den definitiven Kultstatus bei jungen Hörenden erreichen sie im selben Jahr mit der Single «Hardlife Bern».

Eine Suche nach Sinn in der Hauptstadt, die klingt, als wäre sie irgendwo zwischen 90er-Jahre-Techno und Nullerjahre-Elektropop entstanden.

Prix Garanti vertritt den Hyperpop, eine übertriebene Form des Pops, die sich von der schnelllebigen Internetkultur von heute inspirieren lässt.

FRIDA Hört Hin Audiobeiträge mit Shannon Hughes

FRIDA Hört Hin

«FRIDA Hört Hin» ist dein Ohr für aktuelle Schweizer Musik. Die Szene ist dynamisch, divers und darf ruhig etwas lauter gehört werden. In der Audiobeitragsreihe porträtiert Shannon Hughes Musikschaffende und ihre Songs aus allen Genres. Von altbekannten Grössen bis hin zu aufstrebenden Neuentdeckungen, bei FRIDA sind alle zu hören. 

Alle Episoden von «FRIDA Hört Hin» findest Du auch auf Spotify, Deezer, Apple Podcast und Podimo.

Bild: John Patrick Walder/Luis Balzer

Um Prix Garanti hat sich inzwischen auch ein Freund:innenkreis gebildet, der sie auf ihrer Musikreise unterstützt. Bei ihren Musikvideos etwa haben sie ihre teils unfertigen Stücke an befreundete Künstler:innen und Filmemacher:innen gegeben und ihnen eine Carte blanche für die Videogestaltung gegeben.

Drei Videos sind schon publiziert worden, zwei werden noch folgen. Einzig beim Video für die Single «Hallo Hallo Du» hatte die Drummerin Milena Keller vorab schon eine Idee, die sie mit der Künstlerin Anja Käch gemeinsam umgesetzt hat. 

 

 

Nun ist also «Nüt isch guet und aues isch plastik» da. Der Titelformulierung ist die Band treu geblieben, doch im Plastik steckt doch ein bisschen mehr Schmerz als in Scheisse.

Prix Garanti sei auf einer kontinuierlichen Suche, «was für eine Message wir transportieren möchten», so Noah Reusser im Interview. In ihrer zweiten EP thematisieren sie unter anderem die Suche nach Intimität, Nähe und Verletzlichkeit. 

 

Cover des Albums «Nüt isch guet und aues isch plastik» von Prix Garantie, jetzt im FRIDA Magazin Podcast FRIDA Hört Hin. 

Cover des Albums «Nüt isch guet und aues isch plastik» von Prix Garanti

Spass am Drama

Auf die Frage, warum sie jetzt tiefgründiger geworden sind, meint Noah Reusser schlicht: «Wir haben Spass am Drama». Nebst persönlichem Drama spielt auch der Weltschmerz auf der zweiten Platte eine grosse Rolle. In einer Welt, in der das Künstliche täglich mit dem Menschlichen verschmilzt, wird eine Unterscheidung zunehmend schwieriger.

Plastik schwimmt nicht nur in einem entfernten Ozean, er nimmt im Alltag überhand, in Form von Technik, Verpackung, Implantaten oder Kleidung. Ähnlich verschwimmen bei Prix Garanti die Genregrenzen: Sie mischen Dubstep, Blues, Pop und Industrial. Was auf ihrer ersten Platte eher witzig geklungen hat, wird nun dringlich und traurig.

Damit treffen sie den Nerv der Zeit, in der für die Netzgeneration Reizüberflutung, Klimaangst und die verzweifelte Suche nach Gemeinschaft an der Tagesordnung sind.

Die Plastik Punxx von Prix Garanti werden auch live zu hören sein: Am 5. Mai spielen sie am Lauter Festival in der Gessnerallee in Zürich, am 12. Mai im Kraftfeld in Winterthur, weiter geht’s am 17. Mai im Gannet in Basel, am 10. Juni in der Mühle Hunziken in Rubigen und am 4. August geben sie am Rapid Openair in Bonaduz Gas. Das Publikum wird im Plastiksound schwelgen dürfen – forever, please!

 

 

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