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Kulturpolitik

Wie haben Sie’s mit der Kultur, Frau Meyer und Herr Wermuth?

In unserer Interview-Serie mit Parteipräsident:innen haben wir Mattea Meyer und Cédric Wermuth von der SP zu ihrem Kulturbegriff befragt. Für beide ist klar, dass der Kulturjournalismus mehr Förderung braucht – denn er wurde in den letzten zwanzig Jahren totgespart.

Von Helena Krauser

Schweiz, 24.08.2023

3 min

Wenn Sie eine Parteifeier organisieren müssten: Welche kulturellen Programmpunkte würden Sie einbauen? Was darf nicht fehlen?

Cédric Wermuth: Ich organisiere mit anderen jedes Jahr das Fest der Solidarität im Arbeiter:innenstrandbad in Tennwil. Wir haben dort jeweils packende Reden, Bier, Grill und Comedians, die sich über die SP lustig machen. Das alles an einem wunderschönen Flecken Erde am See und meistens bei Sonne. So stelle ich mir das vor.

Im aktuellen Entwurf zur Kulturbotschaft 2025–2028 ist nicht von «Kulturjournalismus» allerdings von der «Berücksichtigung von neuen digitalen und hybriden Formaten der Produktion, Verbreitung und Vermittlung» die Rede. Würden sie eine explizite Aufnahme des Kulturjournalismus in die Kulturbotschaft begrüssen?

Mattea Meyer und Cédric Wermuth: Selbstverständlich. Viele Zeitung haben die Kultur in den letzten 20 Jahren totgespart. Es gibt kaum Literaturkritiker:innen, Filmkritiker:innen, Musikkritiker:innen.

Wer vom aktiven kulturellen Leben überzeugt ist, kämpft auch für einen vielfältigen Kulturjournalismus.

Brauchen wir überhaupt so viel Kultur? Sollten Kulturschaffende angesichts des Fachkräftemangels nicht besser Pfleger:innen oder Handwerker:innen werden?

Mattea Meyer und Cédric Wermuth: Kultur regt zum Denken an, provoziert Debatten, bildet weiter und schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kultur ist für die Identifikation der Menschen in einem vielfältigen, post-migrantischen Land wie der Schweiz nicht mehr wegzudenken. Sie vermittelt Wissen über die Vergangenheit und beantwortet Fragen für die Zukunft. Ein aktives kulturelles Leben ist Ausdruck einer lebendigen, offenen, demokratischen Gesellschaft.

Ja, die Schweiz braucht Kultur. Unbedingt.

Welche kulturelle Veranstaltung haben Sie zuletzt besucht? Was hat Ihnen dabei nicht so gut gefallen?

Mattea Meyer: Die Derniere von Manuel Stahlberger «Eigener Schatten» im Casino-Theater Winterthur.

Ich habe Tränen gelacht – gleichzeitig ist mir ob seinem ehrlichen Blick auf die Realität das Lachen immer wieder fast im Hals stecken geblieben. Unvergesslich.

Was war Ihr letzter Kulturtipp, von dem Sie Freunden und Bekannten erzählten?

Mattea Meyer: Es ist eigentlich immer der gleiche: Kommt an die Musikfestwochen in Winterthur: zwölf Tage überraschende Konzerte und ausgelassene Stimmung in grossartiger Umgebung in einer der meist-unterschätzten Städte der Schweiz!

Hatten Sie schon mal einen Kulturschock? (Im In- oder Ausland)

Mattea Meyer: Besuch an einem Jahres-Anlass eines Schweizer Medienkonzerns. Auf der Bühne standen nur Männer. Die einzige Frau war eine Zuschauerin, welche zufällig für einen «Sketch» auf die Bühne gebeten wurde. Um dann sexistisch angemacht zu werden. Ich weiss nicht, was schlimmer war: Der unlustige Komiker oder das lachende Publikum.

Sind Sie eher der Typ Mensch, der gerne in der Menge tanzt oder lieber ein Konzert im Sitzen geniesst?

Cédric Wermuth: Ich bin da der klassische Familienvater. Am Rand, auf dem Stuhl mit einem kühlen Bier. Tanzen kommt schon auch vor, aber eher zu sehr später Stunde.

Was halten Sie von Menschen, die behaupten, dass sie keine Zeit für kulturelle Aktivitäten haben?

Mattea Meyer: Um ehrlich zu sein – neben politischem Engagement und zwei kleinen Kindern reduziert sich die Zeit für kulturelle Aktivität auch bei mir oft auf Serie-Schauen, Musik hören beim Kochen – und hin und wieder ein Konzertbesuch oder spontaner Abend – der dann viel zu spät endet.

Welche Musik hören Sie, wenn Sie wütend sind?

Mattea Meyer: Was immer geht: Tracy Chapman, Imany und Kettcar.

Womit lagen Sie zuletzt falsch?

Cédric Wermuth: Beim Fussballtippen. Ich hatte mit Freunden auf einen klaren Sieg der Schweizer Männer-Fussnallnati im WM-Qualispiel gegen Rumänien gewettet. Am Ende war es 2:2.

Mit wem würden Sie gerne an der Bar versacken?

Cédric Wermuth: Ich freue mich auf das Alter, in dem ich einmal mit meinen Töchtern in den Ausgang kann. Ausser sie finden mich dann zu uncool. Mal schauen.