Neulich sass ich am leeren, weiten Strand von Rimini. Vor mir das unendliche grünblaue Meer, neben mir das Grand Hotel, wo ich in einem Zimmer mit «vista sul mare» wohnte. Ich erfüllte mir mit dieser Reise einen Jugendtraum, denn die Stimmung im Spätwinter im Film «Amarcord» von Federico Fellini ist tief in meinem Bildergedächtnis vergraben. Im feinen Sand sitzend tönte aus dem Knopf im Ohr die traumtänzerische, heiter melancholische Musik einer Blasmusiktruppe – Bandella vista mare – ein perfektes Arrangement für meine Nostalgie.

Peter Zemp hat neun Musikanten versammelt und geht mit ihnen auf eine musikalische Erinnerungsreise durchs Tessin, den Kanton, wo er schon lange lebt. Und er fährt mit seinen Musikanten und ihren Erinnerungen dann ans Meer, an den langen, weiten Strand von Rimini. Sie spielen mir 13 Stückli – tänzig, unbeschwert und beim zweiten Mal höre ich dann, wie das vermeintlich Einfache anspruchsvoll wird. Raffinierte Stolperschritte im Takt, die Musiker sagen ihnen Synkopen; schnelle Wechsel der Rhythmen; ungewöhnliche Verknüpfungen von Gewohnheiten, wenn zum Beispiel die Tuba einen Walzer bläst und das Sopransax Jazzleitern darüberlegt. Die Kompositionen stehen in der Tradition der Tessiner Bandella-Musik. So wie sie die Emigranten einst aus «oltra mare» zurückgebracht haben, montieren die Komponisten Peter Zemp und Albin Brun, Jazz, Ländler, Choräle, Schottisch und Salonmusik zu virtuoser, lebhafter Musik. Mein Gehör aber muss sich nicht um solches Zerlegen und Verstehen bemühen, es kann mich einfach hinwegtragen zu Bildern süsser Erinnerung und es kann Freude haben an der beschwingten, fantasievollen und melancholischen Musik aus dem Tessin mit freier Sicht aufs Mittelmeer. 

Peter Zemp, Bandella vista Mare, bestellbar bei Narrenschiff-label.ch