Wir gehen raus und steigen ins Postauto Richtung Italien. «Hier zu leben, bedeutet auch, viel unterwegs zu sein», sagt Lampert, der ausschliesslich per ÖV reist. Sei es Richtung Norden, wo die Schweizer Kunstszene überlebenswichtiges Netzwerk ist. Oder eben Richtung Süden. Die Grenze liegt bloss ein paar Kilometer von seinem Haus entfernt, die Strasse führt entlang des Roms.
Der Bach wurde auf der italienischen Seite vor ein paar Jahren zwecks Stromproduktion teilweise in eine unterirdische Röhre verlegt. Lampert hat die Baustelle, die Wunden und Narben in der Landschaft, filmisch dokumentiert. Die Installation «StROM» wurde 2019 im Bündner Kunstmuseum präsentiert und mit dem Preis des Bündner Kunstvereins ausgezeichnet.
Dem Wasser auf der Spur
Landschaft ist für Lampert immer auch Atelier. Das Thema Wasser beschäftigt ihn seit einem Aufenthalt in der Fundaziun Nairs bei Scuol im Jahr 2002. Wasser, das unfassbare Element, immer in Bewegung, bloss scheinbar immer gleich. Für Lampert ist es Performance-Material, Untersuchungsgegenstand, Klangerzeuger, rätselhafte Sprache, Sinnbild für das ewig Fliessende, für ständige Veränderung, für das Ephemere, das aber auch kristallisieren oder gefrieren kann. Für die Installation «Archiv der getrockneten Tropfen» sammelte der Künstler Wassertropfen aus allen Gewässern Graubündens und fotografierte diese unter dem Mikroskop.
Das Postauto hat die Grenze überquert und erreicht das Südtirol. Landschaft und Himmel weiten sich. Hat man bei der Anreise ins Münstertal das Gefühl, ans Ende der Welt zu gelangen, passiert hier das Gegenteil: eine neue Welt, der Süden, öffnet sich, Tal und Himmel werden weit. Lampert, der künstlerische Grenzgänger mag Grenzen, weil man sie überschreiten kann. Das Südtirol, die Landschaft, die kleine, aber aktive Kunstszene, mit der er sich regelmässig austauscht, hätten sein Leben bereichert. Und der nahe Süden verkürzt die Winter am Berg. «In Meran wachsen ja schon Palmen.» Und kulinarisch hat das Tal auch viel zu bieten.
Das «Flurin» in Glurns wurde von innovativen jungen Gastronomen gegründet. Neustes italienisches Design in einem uralten Gewölbe. Die Küche und der Wein sind exquisit, aber preiswert. Wir essen Gnocchi mit Wildragout und Kalbsbries mit Topinambur, später Dessert.