«Ich fühle mich dieser alten Schule zugehörig», erklärt sie. «Performance», und darüber ärgert sie sich, «ist mittlerweile zum Allerweltsbegriff geworden.» Selbst Manager, Köche oder Comedians würden «performen». Hochuli plädiert für einen sorgfältigeren Umgang mit dem Begriff, und schlägt vor, im Zusammenhang mit den Spielarten, die aus den Darstellenden Künsten kommen, dem Tanz und dem Theater, nicht von Performance, sondern von Performing Arts zu sprechen.
«Performance ist mittlerweile zum Allerweltsbegriff geworden.»
Die Allerweltsverwendung des Worts, könnte man, so zeigt unser Gespräch, auf zwei Arten lesen: Die ursprüngliche Bedeutung, die aus der Avantgarde kommt, wurde bis zur Unkenntlichkeit verwässert. Oder: Die Kunst der Performance war und ist so kräftig, bedeutend und auf vielen Ebenen inspirierend, dass sie eben in sehr viele Lebensbereiche eingeflossen ist. «Life is art enough», der alte Wahlspruch der radikalen Antikunst-Avantgarde, oder Beuys’ «Jeder ist ein Künstler» ist in gewisser, vielleicht auch verdrehter Weise, Wirklichkeit geworden.
Fern dieser Abschweifung ist jedoch klar: Die Performance hat an Bedeutung gewonnen. Hochuli sagt: «Noch zu Beginn der Nullerjahre wurden Auftrittsmöglichkeiten und Festivals vor allem von den Künstler:innen selbst organisiert. Das waren spezialisierte, kleine Zirkel, ähnlich wie beim experimentellen Free-Jazz.» Das habe sich geändert. Die Institutionen brauchen Live-Events und haben ihre Türen geöffnet. Gefördert und gefordert von Verbänden wie PANCH oder Visarte gibt es mittlerweile auch eine Richtgage für eine Performance:
1200 Franken.
«Das gilt für die Schweiz», so Hochuli. «Anderswo sieht es immer noch viel schlechter aus.» Sie selbst könnte von ihrer Kunst nicht leben, obwohl sie zu den etablierten Performer:innen gehört. Sie erhält Einladungen von Festivals, Museen oder Kunsträumen weltweit, ist in ganz Europa, China, Nord- und Südamerika aufgetreten. Ihre Projekte werden von der öffentlichen Hand wie Pro Helvetia, Stadt und Kanton Bern oder von Stiftungen regelmässig gefördert. «Als ich 2014 den Performance-Preis Schweiz 2014 erhielt, habe ich überlegt, ganz auf die Karte Kunst zu setzen. Ich hab es aber nicht gemacht.» Zum einen mache sie ihren Brot-Job gerne, zum anderen gebe er ihr auch die Freiheit, künstlerisch weiterhin keine Kompromisse machen zu müssen. Ihren Brot-Job verdankt sie jedoch einem solchen.
Erst das Brot, dann die Kunst
Die Tochter einer Hochbauzeichnerin und eines Architekten musste sich auf ihrem Weg zum Kunststudium in Zürich in Geduld üben. Im Elternhaus im aargauischen Kölliken war Kunst zwar präsent. Museums- und Atelierbesuche waren Familienprogramm. Die Mutter, ihren Beruf für die Kinder aufgebend, malte zu Hause. Trotzdem sagte der Vater zum Wunsch der Tochter, Kunst zu studieren, erstmal kategorisch «Nein».
«Das war typisch für diese Generation. Meine Eltern stammten aus der Unterschicht, die Grossväter waren einfache Handwerker. Für die Tochter will man eben nur das vermeintlich Beste.»