Telefon-Crashkurs Aquarellieren
Ausschnitt aus dem Beitrag Performance Festival von Anne Käthi Wehrli, der im homebody Magazin, der 10. Ausgabe von zürich moves! festival for contemporary arts practice in performing arts 2021 erschienen ist.
Der Schlusspunkt des Festivals war ein Aquarellkurs.
Er fand am Freitag, 12.2.2021, kurz nach 21h statt, also schon nach dem offiziellen Ende des Festivals.
Ingrid Käser führte mich per Telefon ins Aquarellieren ein.
Nach vielen Fantasien und theoretischen Überlegungen übers Aquarellieren, die mich durchs vergangene Jahr begleitet hatten, seit Ingrid und ich während der Vorbereitungen auf eine gemeinsame Performance auf’s Thema Aquarell gekommen sind, schien jetzt ein guter Zeitpunkt, es endlich einfach auszuprobieren. Die Sehnsucht war plötzlich gross und so fragte ich Ingrid, die auch an der Volkshochschule Zürich Aquarellkurse gibt, ob wir nicht zusammen einen Crashkurs durchführen könnten. So wäre ich dann auch vorbereitet auf die schon lange geplanten Nachmittage, an denen wir ausgiebig Zeit haben würden, zusammen zu aquarellieren, im Haus oder auch draussen, an irgendeinem schönen Plätzchen.
Ich hatte alles schön vorbereitet. Einen starken Kaffee gekocht. Eine Flasche Rotwein besorgt. Zudem einige Chlorophylltabletten (die man normalerweise gegen Mundgeruch einsetzt) im Mörser zerkleinert und in einem Becher mit Wasser aufgelöst. Weiter werden benötigt: zwei Gläser mit Wasser, Aquarellpapier (hatte ich zufälligerweise hier im Haus), Aquarellpinsel (gekauft in Migros).
Dies lag alles einsatzbereit vor mir, es sollte aber noch Stunden dauern, bevor ich den Pinsel zum ersten Mal aufs Blatt setzten würde.
Es gibt zwei Techniken, die man kombinieren kann: Lasieren und Lavieren.
Beim Lavieren, auch Nass-in-Nass genannt, verwendet man nasse Farbe und bevor man sie aufträgt, macht man das Papier mit Wasser nass. Dazu nimmt man durchsichtiges Wasser, das sich in einem der beiden Wassergläser befindet. Das andere Wasserglas ist zum Auswaschen des Pinsels. Dann trägt man das Wasser gleichmässig auf das Papier auf. So kann man die Farben ineinander hineinlaufen lassen.
Da durch das viele Wasser die Gefahr bestünde, dass sich das Papier wellt, sind die Blätter auf Aquarellblöcken an den Seiten zusammengeleimt, nur an einer Ecke nicht. Wenn das Aquarell fertig ist, kann es mit einem Falzbein oder Messer abgelöst werden. Alternativ kann man Blätter mit Klebeband auf der Unterlage festkleben. Das Ziel ist es, Pigmentanhäufungen zu vermeiden.
Reizvoll am Nass-in-Nass ist, dass man wenig Kontrolle hat, und dabei aber gleichzeitig zu versuchen, da wo es möglich ist, das Ergebnis gezielt zu beeinflussen.
Alles, was an den Geschehnissen beteiligt ist, spielt eine Rolle und ist Teil der Gegebenheiten.
Man kann Farbe vom Blatt wegnehmen, indem man sie mit etwas Trockenem abtupft, zB. mit einer Serviette oder einem Schwamm (zB. Mens-Schwämmchen). Man kann es wieder wässriger machen, zB. mit einem Wasserzerstäuber. Wasser und Farbe auf dem Blatt zu beeinflussen ist möglich mit Salz. Es saugt das Wasser an.
Ein Resultat abzuschätzen, ist erst möglich, wenn die Farbe trocken ist.
So muss man während des Arbeitens immer wieder warten, bis es trocken ist.
Man kann es nicht beschleunigen.
Manchmal muss man aber auch schnell sein. Insbesondere beim Nass-in-Nass muss man schnell arbeiten. Es gibt Gesetzmässigkeiten, die man berücksichtigen muss, möglichst im Vornherein.
Man muss gut abwägen für das Sujet.
Sich ein Sujet wählen und nicht nur mit Übungen beginnen.
Es kommt der Moment, wo man merkt, es geht nicht weiter und dann muss man trocknen lassen.
Jedesmal wenn man mit dem Pinsel über eine Fläche geht, besteht die Gefahr, dass man die Pinselführung sieht. Beim Lavieren verschwimmen mit den Farben auch die Pinselstriche.
Beim Lasieren arbeitet man in Schichten. Hier schiebt jeder Pinselstrich die Pigmente herum, und verteilt sie unregelmässig, aber mit jedem neuen Auftragen der Farbe wird die Pigmentierung dichter und die Striche fallen viel weniger auf. Es braucht sehr viel Geduld. Nach jeder dünnen Schicht Farbe muss das Papier wieder ganz getrocknet sein.
Spannend ist beides: Lavieren und Lasieren – möge das Resultat die Betrachter/-in erfreuen.