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Bild: Mathias Balzer

Essen mit Anne Käthi Wehrli

Der Freiraum der Kunst als utopischer Ort

Anne Käthi Wehrli ist der fünfte Gast in unserer Reihe «Mach’s». Die Künstlerin performt, schreibt, zeichnet, macht Radio – und ist Pharmazeutin. Wie das alles zusammengeht, hat sie uns bei einem Mittagessen in Zürich erzählt.

Von Mathias Balzer

Zürich, 27.10.2022

17 min

Anne Käthi Wehrli ist vieles: Performerin, Dichterin, Zeichnerin, Fanzines-Herausgeberin, Installationskünstlerin, seit 16 Jahren Moderatorin des Formats «Pandora’s Box» beim Zürcher Radio Lora.

Die 44-Jährige ist aber trotz – oder gerade wegen? – ihrer Rollenvielfalt schwer auffindbar, zumindest im digitalen Raum. Sie betreibt keine eigene Webseite. Die Einträge zu ihrer Person sind eine Handvoll. Kurze Texte über sie öffnen eher Spielräume, als dass sie eine Person festschreiben. Etwa: «Anne Käthi Wehrli performt, schreibt, zeichnet, macht Radio, fügt zusammen, verwirrt und entwirrt.»

Wir treffen uns im «La Fontana» an der Haldenbachstrasse im Kreis 6 in Zürich, in der Stadt, in der sie wohnt und arbeitet. Die Künstler/-innen, die Kurator Chris Hunter einlädt, in diesem Magazin eine Performance-Anleitung zu veröffentlichen, laden wir jeweils zum Essen. Die Gäste dürfen wählen: Gourmettempel, Lieblingsbeiz, Kebabstand, Picknick oder selber kochen: Alles ist möglich.

Anne Käthi Wehrli wählt zwei Stück Pizza, ein Bier, später Cheesecake zum Dessert – und sie mag meine Zigis, «Mary Long» gelb. Wir setzen uns draussen hin, auf dem kleinen Platz, wo die Bäume dem Herbst Spalier stehen. Sie habe diesen Ort wegen eines Projekts während der Pandemie entdeckt. Da sie sonst meist in anderen Quartieren verkehre, fühle sie sich hier immer ein wenig wie in den Ferien.

Die Künstlerin wirkt scheu und fröhlich zugleich, wählt Worte mit Bedacht und lässt sie mäandern.

Performances zum Selbermachen

FRIDA schenkt ihren Leser/-innen zwölf Performances zum Selbermachen. In unserer vom Künstler Chris Hunter kuratierten Serie «Mach’s» stellen wir zwölf Performance-Künstler/-innen aus der Schweiz vor. Wir laden sie dafür zum Essen ein. Im Gegenzug präsentieren die Künstler/-innen jeweils eine Performance-AnleitungDiejenige von Anne Käthi Wehrli findest Du am Ende dieses Artikels.
Solltest Du der Aufforderung folgen, und die Performance im privaten Kreis nachstellen, bitte lass es uns wissen. Foto, Video, Erlebnisberichte – alles ist erlaubt.
Nach einem Jahr werden die zwölf Performances samt Euren Erlebnissen in einer Publikation dokumentiert.
Es ist ganz einfach: «Mach’s!»

Performerin, Dichterin, Zeichnerin, Fanzines-Herausgeberin … Über diese Tätigkeitsfelder ist die Person noch nicht wirklich zu fassen. Denn Anne Käthi Wehrli ist von Beruf Pharmazeutin. Die Hälfte der Woche arbeitet sie in einer Apotheke, berät und bedient Menschen, mischt Arzneien. Sie lacht.

«Eigentlich habe ich mir überlegt, ob ich nicht auch noch sagen muss, dass ich auch Hausfrau bin.»

Pharmazie und Kunst: Ich erzähle ihr von meiner Begegnung mit Wolfgang Laib, dem Arzt und Künstler, der zwischen der heilenden Wirkung von Kunst und Medizin durchaus Parallelen zieht.

Wehrli weicht da eher aus. Das ist ihr wohl zu hoch gehängt. «Das Mischen von Zutaten, das repetitive Rühren bei der Herstellung von Salben etwa, da gibt es schon Parallelen zur Performance.»

«Ich mag den unangestrengten Zugang zu den Dingen im Leben»

Fanzines hat sie bereits im Gymnasium in Aarau gemacht. Das Interesse für Biologie und Chemie kam eher durch die Hintertüre. Mit 18 musste sie einen Herzfehler operieren lassen. «Damals begann mein Interesse an Hirnforschung.» Das Pharmaziestudium hätten ihr die Eltern nahegelegt. Der Wechsel zwischen punkigem Fanzine-Schreiben und wissenschaftlicher Sprache scheint ihr keine Mühe bereitet zu haben. Anne Käthi Wehrli betont solche Themen nicht, sagt aber schon: «Im Studium habe ich mich richtig abgerackert. Es reicht, dies einmal im Leben zu tun. Im Grunde mag ich eher den unangestrengten Zugang zu den Dingen im Leben.»

Unangestrengt erscheint auch ihr Zugang zur Kunst. Eine Kunstschule hat sie nie besucht. Über das Schreiben und Publizieren kam das Veranstalten von eher spontanen Gemeinschafts-Happenings in Off-Spaces, die Beschäftigung mit Performance setzte ab 2004 ein, nachdem sie in Hamburg dem Kreis um Chris Regn, der Performance-Gruppe Evi, Nic und C und dem Netzwerk Bildwechsel begegnet war. Damals begann ihre Teilnahme an verschiedenen Performance-Anlässen.

Die Apothekerin macht Anne Käthi ökonomisch unabhängig. Die Künstlerin eröffnet ihr die Möglichkeit, frei an Dinge heranzugehen. Sehr frei. Beispielsweise so, 2020 in der Kaserne Basel, grosse Halle.

Intro-Text:

«Dann hab ich mir was Anti-Entzündungsmässiges draufgeschmiert, das ich gefunden habe in einer Schublade.»

Anne Käthi Wehrli, alter Pulli, alte Hosen, Turnschuhe, schiebt einen Waren-Rolli in die Halle. Darauf Migros-Budget-Mineralwasser, ein Wäscheständer, Teller, Pfanne, Herdplatte, diverse Säckchen und Pakete. Sie öffnet ein Spaghettipack, entnimmt etwa einen Viertel und legt mit den Teigwaren eine gerade, ockerfarbene Linie auf den Boden. Legt mit kleinen Tellern eine Bogenlinie, setzt diese mit einer Spaghettilinie fort. Sie stellt den Wäscheständer auf, füllt einen Kanister mit Mineralwasser, steckt eine Stange dort rein. Entwirrt eine Schnur, bindet sie an die Stange, holt Herdplatte, Pfanne und Wasser, legt die restlichen Spaghetti in die Pfanne, in das nun langsam heiss werdende Wasser, spannt die Schnur von der Stange zum Wäscheständer, holt ein Mikrofon, lächelt verschmitzt und setzt sich.

Dann erzählt sie, wie sie, notfallmässig ins Spital gebracht wurde, ein Buch über die Performance-Pionierin Lil Piccard dabei. Sie entdeckt, dass sich ein Werk einer ihrer Lieblingskünstlerinnen im Uni-Spital befinden muss. Sie macht sich auf die Suche, fragt nach, aber am Empfang weiss niemand etwas über das Werk. Es entspinnt sich eine kafkaeske Suche nach dem Werk.

Danach bindet sie mit einem Faden ein weich gekochtes Spaghetti an die gespannte Schnur und isst.

Wehrli sagt: «Wenn ich mir meine Videos anschaue, denke ich manchmal schon, dass das Ganze doch sehr fragil ist.» Und nach einigen Reflexionen über ihren Werdegang fügt sie an: «Mittlerweile würde ich mich schon als Performerin bezeichnen.» Auch wenn sie die Bezeichnung Amateurin auch sehr mag.

Was an der oben beschriebenen Performance ablesbar ist: Wehrli hat ein untrügliches Gespür für die Bühne, performt und reflektiert gleichzeitig, was sie da Seltsames tut. Durch ihre Haltung, mit kurzen Kommentaren, oder vielsagenden Seitenblicken. Das gibt ihren Auftritten einen irritierend spontanen, humorvoll, doppelbödigen Charme.

Sind gewisse Themen in ihrer Kunst festzumachen? Die Sammlung ergibt: Hausfrauen, weibliche Sexualität, Neugier, Chemie, Konflikte, Cafés, Bäckereien, Post, Büros, Freiheit, öffentlicher Raum, Ausgelassenheit, Überwachung, Staub und Daten.

Hat sie jeweils einen Plan? «Ich kenne meist den Anfang und das Ende, gewisse Handlungen oder Elemente gebe ich mir vor, versuche mich auch daran zu halten, aber klar ist da immer wieder Improvisation.» In einem der raren Interviews sagt sie, sie stelle sich jeweils die Frage, wie sich aus der Leere heraus eine Arbeit entwickeln lässt.

Die Künstlerin hat kein separates Atelier, sondern eine grosse Wohnung, in der sie lebt und arbeitet. Dort befindet sich ihr Archiv aus Gegenständen, die sie laufend sammelt, als mögliche Requisiten. Ausgangspunkt für ihre Performances sind jedoch oft Texte. «Oder es entstehen Texte bei den Performances, die dann wiederum irgendwo ein eigenständiges Leben weiterführen», so Wehrli.

«Alle könnten es tun»

Ihre Texte sind dichte, ja dichterische Prosa, wie etwa dieser hier, den sie 2019 zum Thema Feministische Utopien für die WOZ schrieb:

(…) Es war schon spät an einem heissen Sommerabend. Ich war auf dem Nachhauseweg. Doch die Luft war so angenehm! So entschied ich mich, einen kleinen Spaziergang zu machen. Ich spazierte durch die Strassen, an den Fluss, durch einen kleinen Wald, durch Schrebergärten, über eine Eisenbahnbrücke, der Hauptstrasse entlang, überquerte grosse Plätze. Ein leichter Wind war aufgekommen. Auf einem kleinen Platz setzte ich mich ins Gras. Ich hörte den Amseln zu, dann schlief ich irgendwann ein. Als ich erwachte, schien die Sonne schon, erste morgendliche Geräusche waren zu vernehmen. Lassen wir diesen Satz wirken. Währenddessen möchte ich nun ein bisschen ausführlicher über eine Utopie berichten. Ja, die folgende Geschichte mag sehr utopisch klingen! Ein aussergewöhnlich schönes Erlebnis, aber dort, in dieser Utopie, nichts Aussergewöhnliches, nichts wahnsinnig Gewagtes. Alle könnten es tun, niemand müsste.

Ein aussergewöhnliches Erlebnis, das nichts Aussergewöhnliches sein soll. Alle könnten es tun. Das liest sich wie eine Gebrauchsanleitung für Wehrlis Kunst. Eine Kunst, die, ganz in der Tradition des Punks oder der DIY-Szene, auf höchstmögliche Freiheit setzt. Kunst als Freiraum, als utopischer Ort, der keinen Regeln unterworfen ist, ausser denjenigen, die man selbst der Kunst zuschreibt.

Kreisen um einen nie fassbaren Ort

In unserem Gespräch weicht Wehrli den allzu einfachen, journalistischen Zuschreibungen leichtfüssig aus. Und sie verteidigt damit, angenehm unangestrengt, die Kunst als nie ganz fassbaren, unperfekten, unkontrollierten Ort. «Wer sagt denn, was welchen Wert hat?»

Mit Anne Käthi Wehrli über ihre Kunst zu sprechen, wirkt anregend, denn es gleicht dem Kreisen um einen nie fassbaren Ort. Diese radikale Offenheit, die Weigerung, sich durch allzu schnelle Zuschreibungen festlegen oder einschränken zu lassen, hat aber auch ihren Preis. Denn im Praktischen kann diese Haltung auch sehr anstrengend sein und ist mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden.

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Anne Käthi Wehrli bei der Performance «Spiderweb of leisure» im Museum Tinguely, Basel.

Anne Käthi Wehrli wurde diesen Sommer anlässlich der Ausstellung «Bang Bang» für eine Performance ins Museum Tinguely in Basel geladen. Das Thema: «Zur radikalen Gleichwertigkeit von Erfahrungen».

Sie habe sich ein halbes Jahr lang mit diesem Thema beschäftigt, versuchte es zu fassen, entwickelte Ansätze, verwarf diese wieder, ein laufender Prozess – ohne fassbares Resultat.

Eine Woche vor dem Auftritt wusste Wehrli immer noch nicht, was sie machen werde. Auf der Webseite des Museums stand folgende Ankündigung: «Spiderweb of leisure» (Spinnennetz der Freizeit), von Anne Käthi Wehrli.

«Ich kann nur Ungenaues sagen über die Performance am 25. Juni 2022. Ich zog Orakel bei. Hatte einen Lachanfall. Heute habe ich einen ersten Rundgang gemacht. Es ist Morgen. Über Nacht habe ich mich mit einem Haargummi verkettet. Ungeplant. Zusammen den Tag beginnen. Die einsamen Glieder aufwecken und trösten mit komplizierten Liedern.»

Die Künstlerin begrüsst das Publikum im Saal des Museums mit der Lesung eines Textes. Er handelt vom Anfang eines Tages in einer Küche, von der Entstehung eines Tagesbewusstseins sozusagen, vom Weg zur Arbeit, auf dem die Protagonistin davon träumt, in einem Café zu sitzen und dort den Übergang vom Morgen in den Mittag zu beobachten. «Was gäbe es Besseres?»

Es folgt eine zweiteilige Performance. Teil 1: In Anlehnung an die Tarot-Figur «Die Kaiserin» im Garten von Niki de Saint Phalle in der Toskana, zieht die Künstlerin ein rotes, wallendes Abendkleid an («Ich hab es schon lange nicht mehr getragen.»). Sie fordert Menschen aus dem Publikum auf, Fäden mit Klammern am Kleid zu befestigen, und dieses zu einer bewegten Skulptur zu machen. Es entsteht eine schräge, witzige Miniatur einer Kaiserin fernab aller Hoheitsansprüche.

 

Anne Käthi Wehrli bei der Performance «Spiderweb of leisure» im Museum Tinguely, Basel.

Das Schmetterling spielende Publikum bei  Anne Käthi Wehrlis Performance «Spiderweb of leisure» im Museum Tinguely, Basel.

Zweiter Teil: Die Künstlerin lädt das gesamte Publikum ein, aus Klebebändern, Papieren, Schnüren, Klammern und Ballonen, einen riesigen, bewegten, tönenden Kollektiv-Schmetterling zu basteln, schnell und sehr improvisiert. Und da sind sie wieder, Wehrlis Zutaten für befreite Kunst: Spontanität und Experiment, Selbermachen, gemeinsames Handeln. Es entsteht die unbeschwerte Atmosphäre eines Bastelnachmittags, eine Art fröhliche Kunstwissenschaft, die alles Hehre und Autoritäre aus dem Kunstballon entweichen lässt. Das Kunstpublikum lacht und applaudiert – auch sich selbst.

Nach rund zwei Stunden vor dem «La Fontana» machen wir noch Fotos für unsere Serie. Anne Käthi Wehrli stellt sich verschmitzt vor die Linse, eine «Mary Long» in der Hand. «Oh, nein, die leg ich lieber weg. Ich rauch ja gar nicht mehr.»

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Solltest Du der Aufforderung folgen, und die Performance im privaten Kreis nachstellen, bitte lass es uns wissen. Foto, Video, Erlebnisberichte – alles ist erlaubt.
Nach einem Jahr werden die zwölf Performances samt Euren Erlebnissen in einer Publikation dokumentiert. Es ist ganz einfach: «Mach’s»!

Telefon-Crashkurs Aquarellieren

Ausschnitt aus dem Beitrag Performance Festival von Anne Käthi Wehrli, der im homebody Magazin, der 10. Ausgabe von zürich moves! festival for contemporary arts practice in performing arts 2021 erschienen ist.

Der Schlusspunkt des Festivals war ein Aquarellkurs.

Er fand am Freitag, 12.2.2021, kurz nach 21h statt, also schon nach dem offiziellen Ende des Festivals.

Ingrid Käser führte mich per Telefon ins Aquarellieren ein.

Nach vielen Fantasien und theoretischen Überlegungen übers Aquarellieren, die mich durchs vergangene Jahr begleitet hatten, seit Ingrid und ich während der Vorbereitungen auf eine gemeinsame Performance auf’s Thema Aquarell gekommen sind, schien jetzt ein guter Zeitpunkt, es endlich einfach auszuprobieren. Die Sehnsucht war plötzlich gross und so fragte ich Ingrid, die auch an der Volkshochschule Zürich Aquarellkurse gibt, ob wir nicht zusammen einen Crashkurs durchführen könnten. So wäre ich dann auch vorbereitet auf die schon lange geplanten Nachmittage, an denen wir ausgiebig Zeit haben würden, zusammen zu aquarellieren, im Haus oder auch draussen, an irgendeinem schönen Plätzchen.

Ich hatte alles schön vorbereitet. Einen starken Kaffee gekocht. Eine Flasche Rotwein besorgt. Zudem einige Chlorophylltabletten (die man normalerweise gegen Mundgeruch einsetzt) im Mörser zerkleinert und in einem Becher mit Wasser aufgelöst. Weiter werden benötigt: zwei Gläser mit Wasser, Aquarellpapier (hatte ich zufälligerweise hier im Haus), Aquarellpinsel (gekauft in Migros).

Dies lag alles einsatzbereit vor mir, es sollte aber noch Stunden dauern, bevor ich den Pinsel zum ersten Mal aufs Blatt setzten würde.

Es gibt zwei Techniken, die man kombinieren kann: Lasieren und Lavieren.

Beim Lavieren, auch Nass-in-Nass genannt, verwendet man nasse Farbe und bevor man sie aufträgt, macht man das Papier mit Wasser nass. Dazu nimmt man durchsichtiges Wasser, das sich in einem der beiden Wassergläser befindet. Das andere Wasserglas ist zum Auswaschen des Pinsels. Dann trägt man das Wasser gleichmässig auf das Papier auf. So kann man die Farben ineinander hineinlaufen lassen.

Da durch das viele Wasser die Gefahr bestünde, dass sich das Papier wellt, sind die Blätter auf Aquarellblöcken an den Seiten zusammengeleimt, nur an einer Ecke nicht. Wenn das Aquarell fertig ist, kann es mit einem Falzbein oder Messer abgelöst werden. Alternativ kann man Blätter mit Klebeband auf der Unterlage festkleben. Das Ziel ist es, Pigmentanhäufungen zu vermeiden.

Reizvoll am Nass-in-Nass ist, dass man wenig Kontrolle hat, und dabei aber gleichzeitig zu versuchen, da wo es möglich ist, das Ergebnis gezielt zu beeinflussen.

Alles, was an den Geschehnissen beteiligt ist, spielt eine Rolle und ist Teil der Gegebenheiten.

Man kann Farbe vom Blatt wegnehmen, indem man sie mit etwas Trockenem abtupft, zB. mit einer Serviette oder einem Schwamm (zB. Mens-Schwämmchen). Man kann es wieder wässriger machen, zB. mit einem Wasserzerstäuber. Wasser und Farbe auf dem Blatt zu beeinflussen ist möglich mit Salz. Es saugt das Wasser an.

Ein Resultat abzuschätzen, ist erst möglich, wenn die Farbe trocken ist.

So muss man während des Arbeitens immer wieder warten, bis es trocken ist.

Man kann es nicht beschleunigen.

Manchmal muss man aber auch schnell sein. Insbesondere beim Nass-in-Nass muss man schnell arbeiten. Es gibt Gesetzmässigkeiten, die man berücksichtigen muss, möglichst im Vornherein.

Man muss gut abwägen für das Sujet.

Sich ein Sujet wählen und nicht nur mit Übungen beginnen.

Es kommt der Moment, wo man merkt, es geht nicht weiter und dann muss man trocknen lassen.

Jedesmal wenn man mit dem Pinsel über eine Fläche geht, besteht die Gefahr, dass man die Pinselführung sieht. Beim Lavieren verschwimmen mit den Farben auch die Pinselstriche.

Beim Lasieren arbeitet man in Schichten. Hier schiebt jeder Pinselstrich die Pigmente herum, und verteilt sie unregelmässig, aber mit jedem neuen Auftragen der Farbe wird die Pigmentierung dichter und die Striche fallen viel weniger auf. Es braucht sehr viel Geduld. Nach jeder dünnen Schicht Farbe muss das Papier wieder ganz getrocknet sein.

Spannend ist beides: Lavieren und Lasieren – möge das Resultat die Betrachter/-in erfreuen.