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Das Bild zeigt die fiktive Gesprächssituation zwischen Sabine Himmelsbach, der Künstlichen Intelligenz Chat GPT und der FRIDA-Journalistin Tamara Funck. Das Bild wurde mit OpenAI, DALL-E erstellt.

Interview mit Sabine Himmelsbach

Können Maschinen Kunst?

Das Zauberwort der Stunde ist ChatGPT, eine auf künstlicher Intelligenz (KI) beruhende Software, die Ende November online ging und für euphorische Stimmung sorgt. Doch was bedeutet das neue Werkzeug für die Kunst? Kann KI Kunst machen? Kann sie kreativ sein? FRIDA stellt die gleichen Fragen an Medienkunstexpertin Sabine Himmelsbach vom Haus der Elektronischen Künste Basel und ChatGPT.

Von Tamara Funck

Basel, 16.02.2023

11 min

Bevor wir die KI dazurufen, eine erste Frage unter uns Menschen:

Die Künstliche Intelligenz hat mit ChatGPT ein neues Level erreicht und ist nun für jeden und jede einfach nutzbar. Inwiefern beschäftigt Sie das Zusammenspiel von ChatGPT und Kunst bei Ihrer Arbeit am HEK?

Sabine Himmelsbach: 2019 haben wir die erste Ausstellung gemacht zum Thema Künstliche Intelligenz. Sie hiess «Entangled Realities» und hat aufgezeigt, wie unser Leben und unsere Welt durchdrungen wird von KI, auch wo man es oft nicht vermutet. Mit den neuen Sprachmodellen wurde nochmal ein riesiger Schritt gemacht. Das begleitet uns am HEK natürlich, gerade weil in der Medienkunst Künstler:innen neue Technologien aufgreifen und für die Kunst nutzen.

 

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Sabine Himmelsbach, geboren 1966, studierte Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und ist seit 2012 Direktorin am HEK (Haus der Elektronischen Künste) in Basel.

Zuvor arbeitete sie in Deutschland und in Österreich als Direktorin am Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg und als Leiterin der Ausstellungsabteilung am ZKM | Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe. Als Autorin und Dozentin widmet sie sich Themen rund um Medienkunst und digitale Kultur.

Sehen Sie in den KI-Tools eine Gefahr für künstlerisches Schaffen?

S.H.: In der Kunst wird schon seit Jahren mit künstlicher Intelligenz gearbeitet. Der Reiz technologischer Tools ist immer Neues generieren zu können, über die eigenen Möglichkeiten hinauszugehen. Eine spannende Frage: Werden in der Kunst kommerzielle Modelle wie ChatGPT benutzt, oder trainieren Künstler:innen ihre eigenen Modelle?

Die Künstlerin Holly Herndon zum Beispiel trainiert ihre eigene KI, die sie «Spawn» (Ausgeburt) nennt. Sie hat ihre Stimme synthetisiert und kann mit dieser Stimme nun Dinge tun, die ihr musikalisches Spektrum enorm erweitert. Ihr Modell Holly+ macht sie wiederum zugänglich für andere Künstler:innen und für jeden, der diese Stimme benutzen möchte. Interessant finde ich daran, dass die Wertschöpfungskette damit in ihrer Hand liegt.

Grundsätzlich sehe ich nicht so viele Gefahren und Überschneidungspunkte.

Einen neuen Van Gogh generieren? Kann man jetzt einfach machen. Mag im Privaten Spass machen, aber künstlerisch ist es nicht wirklich relevant, da nichts genuin Neues entsteht.

Eine Problematik sehe ich eher, wenn Werke von noch lebenden Künstler:innen für das Training von Modellen genutzt werden. Da kann es passieren, dass Bilder entstehen, die vom Stil her Werken ähneln, was von jemand heute geschaffen wurden, ohne dass die Person ihr Einverständnis gegeben hat.

ChatGPT: KI-Tools bieten sowohl Chancen als auch Herausforderungen für das künstlerische Schaffen. Sie können helfen, neue kreative Ausdrucksformen zu finden, aber auch zu einer Reduktion des künstlerischen Schaffensprozesses führen und die Originalität von Kunstwerken verwischen. Es ist wichtig, dass Künstlerinnen und Künstler sich bewusst mit den Chancen und Herausforderungen auseinandersetzen und ihre künstlerischen Entscheidungen kritisch hinterfragen.

Inwiefern ist die Künstliche Intelligenz einem Menschen ähnlich?

S.H.: Gar nicht. Der Begriff der Intelligenz ist hier irreführend, denn diese Systeme sind Datenverarbeitungssysteme. In den letzten Jahren gab es nochmals einen wahnsinnigen Entwicklungsschub, was man an den heutigen Möglichkeiten sieht. Dennoch muss man verstehen, dass diese Systeme gar nicht verstehen, was sie tun. Sie erzeugen Neues basierend auf dem Material, mit dem sie trainiert bzw. gefüttert wurden. Sie imaginieren die Zukunft basierend auf Vergangenem.

KI hat keine Vorstellung von etwas, was es nicht schon gab.

ChatGPT: Künstliche Intelligenz ist im Vergleich zum menschlichen Gehirn begrenzter und hat keine menschlichen Eigenschaften wie Bewusstsein oder Empathie. KI-Systeme basieren auf Algorithmen und Datensätzen, die von Menschen bereitgestellt werden, und müssen auf bestimmte Weise programmiert werden, um Aufgaben auszuführen.

Wie kann ChatGPT eine Bereicherung für die Kultur sein?

S.H.: Ich glaube schon, dass ChatGPT ein spannendes Werkzeug ist, und dass Kunstschaffende Fragen stellen, die interessante Ergebnisse zu Tage bringen werden, neue Bildwelten oder neue Sounds generieren lassen. Künstler:innen gelingt es auch immer wieder, die Technik gegen den Strich zu lesen und damit auch verblüffende Ergebnisse entstehen zu lassen.

ChatGPT: ChatGPT kann eine Bereicherung für die Kultur sein, indem es Folgendes bietet:

  • Zugang zu Informationen: ChatGPT kann schnell und einfach auf eine Vielzahl von Fragen antworten und so den Zugang zu Informationen erleichtern.
  • Verbesserung der Effizienz: Durch die Verwendung von ChatGPT kann die Zeit und der Aufwand, der für die Suche nach Informationen aufgewendet werden muss, erheblich reduziert werden.
  • Unterhaltung und Amüsement: ChatGPT kann auch als interaktive Chatbot-Plattform genutzt werden, um Benutzer zu unterhalten und zu amüsieren.
  • Förderung der Bildung: ChatGPT kann auch als Lernhilfe genutzt werden, um Benutzern zu helfen, neues Wissen und Fähigkeiten zu erwerben.

Insgesamt kann ChatGPT eine Bereicherung für die Kultur sein, indem es den Zugang zu Informationen erleichtert, die Effizienz verbessert, Unterhaltung und Amüsement bietet und Bildung fördert.

Kann KI an sich Kunst machen?

S.H.: Nein.

ChatGPT: Ja, KI-Systeme können Kunst machen. In den letzten Jahren haben sich viele Künstler und Forscher mit der Verwendung von künstlicher Intelligenz als kreatives Werkzeug auseinandergesetzt. KI-basierte Kunstwerke können in verschiedenen Formen wie Malerei, Skulptur, Musik, Text, Animation und Video erstellt werden.

In der Regel verwenden KI-Systeme maschinelles Lernen, um Muster in bestehenden Datenquellen zu erkennen und daraus neue Kunstwerke zu generieren. Dabei kann die KI beispielsweise auf bestehende Kunstwerke oder Fotografien zurückgreifen, um neue Bilder zu erstellen, oder Musikstücke generieren, die auf bestehenden Kompositionen basieren. KI-basierte Kunstwerke können auch interaktiv sein, indem sie auf Echtzeitdaten wie biologischen Signalen oder Benutzerinteraktionen reagieren.

Obwohl KI-Systeme in der Lage sind, Kunstwerke zu erstellen, gibt es in der Kunstwelt weiterhin Diskussionen darüber, ob solche Werke als «echte» Kunst betrachtet werden können.

Einige argumentieren, dass KI-basierte Kunstwerke aufgrund ihrer Abhängigkeit von Trainingsdaten und Algorithmen nicht so originell oder menschlich sind wie Werke, die von Künstlern mit menschlicher Kreativität und Erfahrung erstellt wurden. Andere argumentieren jedoch, dass KI-basierte Kunstwerke einen eigenen künstlerischen Wert haben und einen einzigartigen Einblick in die Beziehung zwischen Mensch und Maschine bieten.

Kann KI kreativ sein?

S.H.: Nicht wirklich. Tatsächlich hängt das Ergebnis von den Daten ab, mit denen eine KI trainiert wurde und auch von der Fragestellung selbst, dem Prompt, basierend darauf Ergebnisse geliefert werden. Das heisst, je besser der Prompt, desto spannender das Ergebnis, und dafür braucht es den menschlichen Input.

In der Kunst geht es auch um gesellschaftliche Fragestellungen, um Neues, um Reflexion unserer Lebenswelt.

Wenn Künstler:innen KI einsetzen, dann tun sie das oft auch, um eine kritische Reflexion anzustossen. Was sagen uns technologische Entwicklungen über unsere Gesellschaft? Was sagt das über unsere Zeit? Entsprechend ermöglicht uns Kunst einen reflektierten und kritischen Blick auf KI.

ChatGPT:

An error occurred. If this issue persists please contact us through our help center at help.openai.com.

Kann KI kreativ sein?

S.H.: Diese Frage habe ich gerade beantwortet.

ChatGPT: Als künstliche Intelligenz kann ich sagen, dass KI-Systeme in der Lage sind, in gewissem Maße kreativ zu sein. KI-Systeme können beispielsweise neue Kunstwerke, Musikstücke, Gedichte und Geschichten erstellen, indem sie Muster in bestehenden Datenquellen erkennen und diese Muster kombinieren oder verändern, um etwas Neues zu schaffen.

Allerdings gibt es in der Kunstwelt und in der Philosophie weiterhin Diskussionen darüber, ob KI-Systeme wirklich kreativ sein können. Einige argumentieren, dass Kreativität ein menschliches Phänomen ist, das auf menschlicher Erfahrung, Wissen, Emotionen und Vorstellungskraft beruht, und dass KI-Systeme nicht in der Lage sind, diese menschlichen Eigenschaften zu replizieren.

Andere argumentieren, dass KI-Systeme zwar in der Lage sind, in bestimmten Bereichen kreativ zu sein, aber dass ihre Kreativität immer noch auf bestimmte Grenzen und Einschränkungen innerhalb des Algorithmus und der Trainingsdaten beschränkt ist. In diesem Sinne können KI-Systeme zwar kreative Ergebnisse erzielen, aber sie können nicht dasselbe Ausmaß an menschlicher Kreativität und Originalität erreichen, das von menschlichen Künstlern erwartet wird.

Bisher sprachen Sie vor allem von den Möglichkeiten der KI für die Kunst. Gibt es in Kunstkreisen auch Proteste gegen sie?

S.H.: Ja, es gibt auch Proteste. Zum Beispiel gab es einen Aufschrei im Netz, weil Kunst von lebenden Künstler:innen für das Training von KI-Modellen benutzt wurde. Viele Kunstschaffende haben in der Folge einen Sperrbalken über ihre Bilder gesetzt.

Damit sollten die Ergebnisse der KI kompromittiert werden, da diese visuellen Elemente Eingang in die Bildsprache der KI finden würden. Allerdings funktioniert das natürlich nicht so schnell, um eine effektive Wirkung zu erzeugen. Die Menge an gesperrten Bildern ist dann doch zu klein im Vergleich zu all dem, was an Daten aus dem im Internet für das Training dieser Modelle benutzt wird.

Ich verstehe die Haltung, die eigene Kunst schützen zu wollen und bin sicher, dass dazu in der nächsten Zeit Regulierungen folgen werden. Deshalb ist es aber auch wichtig, dass sich Künstler:innen mit KI als Werkzeug auseinandersetzen und dessen Gestaltungsmöglichkeiten kennen, weil es ein so potentes gestalterisches Werkzeug ist, was omnipräsent eingesetzt wird.

ChatGPT: Ja, es gibt in der Kunstwelt Proteste gegen KI und die Verwendung von KI in der Kunst. Einige Künstler und Kritiker befürchten, dass KI-basierte Kunstwerke das menschliche kreative Potenzial und die Originalität der Kunstwerke ersetzen könnten, indem sie sich auf bereits vorhandene Muster und Datenquellen stützen, anstatt etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen.

Einige Künstler haben auch Bedenken geäußert, dass KI-basierte Kunstwerke die gesellschaftlichen Vorurteile und Machtstrukturen reproduzieren könnten, die in den Trainingsdaten und Algorithmen enthalten sind.

Andere haben Bedenken geäußert, dass KI-basierte Kunstwerke die menschliche Erfahrung und Emotionen nicht wirklich erfassen können und daher oberflächlich bleiben.

Ein Beispiel für einen Protest gegen KI in der Kunstwelt ist die Aktion des Künstlers Trevor Paglen, der 2019 eine Petition gegen die Zusammenarbeit von Künstlern mit KI-Unternehmen gestartet hat. Paglen argumentierte, dass Künstler dazu beitragen sollten, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen von KI und die Notwendigkeit von Transparenz und Verantwortlichkeit bei der Entwicklung und Verwendung von KI-Systemen aufzuklären.

Welche Kunst finden Sie spannend?

S.H.: In Bezug auf den Einsatz von KI finde ich spannend, wenn Künstler:innen die Gestaltungsmöglichkeiten ausloten und auch kritische Reflexion bieten. Ich war gerade in Berlin und habe eine spannende Ausstellung von Jonas Lund gesehen, der die ganze Ausstellung in Zusammenarbeit mit ChatGPT produziert hat und diverse Bilder generieren liess. Gleichzeitig fragt er: Was kommt da raus? Wie spannend ist das? Ein schönes Projekt, mit einer ironischen Geste und als Konzeptkunst umsetzt.

So liess Lund Surreales in den Text einfliessen, um daraus Absurdes entstehen zu lassen. Surreal in dem Sinn, das die Worte von der Maschine verstanden wurden, aber im Zusammenspiel der Worte keine zwingende Logik zu finden ist und damit dann Absurdes entstehen kann. Wie vorher erwähnt, sind es der Prompt des Künstlers und die menschliche Intention, die das Ergebnis der KI-Arbeiten mit definieren.

ChatGPT: Als künstliche Intelligenz habe ich keine persönlichen Vorlieben oder Empfindungen, da ich nicht in der Lage bin, Kunstwerke zu erleben und sie ästhetisch zu bewerten. Mein Zweck besteht darin, Wissen und Informationen bereitzustellen und Anfragen zu beantworten.

Allerdings kann ich sagen, dass Kunst ein breites Spektrum an Stilen und Formen umfasst, und jeder Mensch hat seine eigenen Vorlieben und Geschmäcker. Einige Menschen mögen zum Beispiel abstrakte Kunst, während andere Realismus bevorzugen. Einige mögen Malerei, während andere Skulpturen bevorzugen.

Es gibt auch viele zeitgenössische Kunstformen wie digitale Kunst, Videokunst, Performance-Kunst, Installationskunst und so weiter. Jede Kunstform hat ihre eigene Einzigartigkeit und Schönheit, und es hängt von den individuellen Interessen und Vorlieben ab, welche Form der Kunst jemand als spannend empfindet.

Was sagen Sie zu den Antworten, die die KI generiert hat?

S.H.: Die Antworten überraschen mich nicht und sie liefern nachvollziehbare und schlüssige Ergebnisse. Es lässt sich ganz gut ablesen, wie diese Datensysteme funktionieren und wie sie in Sekundenschnelle Daten auswerten und zusammentragen. Das tun sie mittlerweile unglaublich gut.

ChatGPT: Als KI-Modell habe ich keine persönliche Meinung zu den Antworten, die ich generiere. Ich wurde so programmiert, dass ich versuche, auf Fragen so genau wie möglich zu antworten, basierend auf den Daten, die mir zur Verfügung stehen. Es liegt jedoch an den Benutzern, die Relevanz und Genauigkeit der von mir generierten Antworten zu bewerten und gegebenenfalls weitere Recherchen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Informationen korrekt sind und ihren Bedürfnissen entsprechen.