Ein leicht verschwommenes Panorama, ein entrückter Horizont, davor eine durch die Luft schwebende Vogelfeder, die lichterloh brennt. Hannah Villiger hat diese Aufnahme als 25-Jährige gemacht und sie schlicht «Arbeit» genannt. Die junge Künstlerin konnte damals nicht ahnen, dass diese Fotografie im Rückblick als Sinnbild ihres kurzen, intensiven Lebens gelesen werden könnte.
Das von der polnischen Mäzenin Grazyna Kulczyk 2019 eröffnete Muzeum Susch, im kleinen Unterengadiner Weiler gelegen, am Ufer des Inns, hat sich ganz auf die Kunst von Frauen spezialisiert. Nach der spektakulären, in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Bern, und parallel zur dortigen Ausstellung gezeigten Schau über Heidi Bucher folgt nun das Werk von Hannah Villiger.
Kulczyk selbst schreibt über die 1997 mit nur 45 Jahren Verstorbene: «Künstlerinnen scheuen sich nicht mehr, ihre durch Krankheit oder Alter beeinträchtigten Körper zu dokumentieren und oft werden diese Kunstwerke zu Chroniken des Schmerzes. (…) Künstlerinnen malten, fotografierten und modellierten sich selbst in einer Weise, dass sich die Scham angesichts der Nacktheit und Unvollkommenheit oft in einen Moment des Stolzes wandelte.
Hannah Villiger wurde mittels der Fotografien ihres Körpers zu einer eigentlichen Bildhauerin des Leibes.»