Kate Stoykova und Angelo Repetto von Wolfman bei FRIDa Hört Hin mit Shannon Hughes

Erarbeiten ihre Songs von der Konzeption bis zur Produktion gemeinsam, Kate Stoykova und Angelo Repetto von Wolfman. Foto: Valentin Cheli

Musik

Wolfman verliert die Illusion

Aus einer innigen Freundschaft ist das Zürcher Elektro-Pop-Duo Wolfman entstanden. Im Interview bei «FRIDA Hört Hin» erzählen Kate Stoykova und Angelo Repetto vom gemeinsamen Musikmachen und blicken auf zehn Jahre Bandgeschichte zurück.

Von Shannon Hughes

Zürich, 24.05.2023

6 min

Wolfman ist für viele Schweizer Elektro-Pop Liebhaber:innen der 2010er-Jahre das Duo schlechthin. Dabei waren Angelo Repetto (er/ihn) und Katerina «Kate» Stoykova (sie/ihr) am Anfang «nur» Nachbar:innen, sie wohnten auf demselben Stock eines Hauses in Zürich. 

Weil Angelo immer früher als Kate aufstand und bereits am Morgen Musik machte, ist die Nachtschwärmerin rübergegangen und die beiden kamen ins Gespräch. Über Sounds, über ihr Leben und was sie in ihren Zwanzigern alles so bewegte.

Aus den Gesprächen bildete sich eine tiefe Freundschaft, die bis heute die Basis des Elektro-Pop-Projekts Wolfman ist. 

Zehn Jahre Bandgeschichte

Wolfman feiern 2023 ihr zehnjähriges Jubiläum. Das Duo blickt auf ein Jahrzehnt mit zahlreichen Shows und Releases zurück, darunter die drei Alben «Unified» (2013), «Modern Age» (2016) und «Mad Woman» (2018) in Zusammenarbeit mit dem Indie-Label Irascible.

Gerade das letzte Album war für mich während der Unizeit ein Lebens-Soundtrack, weshalb ich die Musiker:innen hinter dem Sound für «FRIDA Hört Hin» näher kennenlernen wollte.

 

FRIDA Hört Hin Audiobeiträge mit Shannon Hughes

FRIDA Hört Hin

«FRIDA Hört Hin» ist dein Ohr für aktuelle Schweizer Musik. Die Szene ist dynamisch, divers und darf ruhig etwas lauter gehört werden. In der Audiobeitragsreihe porträtiert Shannon Hughes Musikschaffende und ihre Songs aus allen Genres. Von altbekannten Grössen bis hin zu aufstrebenden Neuentdeckungen, bei FRIDA sind alle zu hören.

Alle Episoden von «FRIDA Hört Hin» findest Du auch auf SpotifyDeezerApple Podcast und Podimo.

Bild: John Patrick Walder/ Luis Balzer

Auf dem Weg zum Interview nach Zürich frage ich mich, was mich bis heute noch so am Wolfman-Sound fasziniert. Sie verbinden gekonnt minimale Beats, sphärische Klänge und cineastische Gitarrenriffe – bleiben aber immer total entspannt dabei. Wolfman hören eignet sich genauso für eine Party im Keller wie auch für eine Tramfahrt alleine, auf der ich mich auf dem Weg zum Interview befand. An der Station angekommen, machte ich zum hundertsten Mal mein Lieblingslied «Gone Girl» an und liess mich verzaubern, während ich zum Haus lief. 

Lieber gemeinsam als effizient

Kate begrüsste mich mit ihrem Hund Beluga und frischem Kaffee in ihrer lichtdurchfluteten Zürcher Wohnung. Angelo entschuldigte sich noch am Tag des Interviews, sendete aber seine Antworten direkt aus dem Studio. 

Angelo und Kate erarbeiten alle Songs gemeinsam, von der Konzeption bis hin zur Produktion. 

Ein solcher Prozess ist in der heutigen Musikwelt, in der ein Track oft über viele Desktops wandert, nicht üblich und bringt mehr Zeitaufwand mit sich. 

Für Wolfman stimme es aber genau so, «auch wenn es manchmal nicht so praktisch ist», sagt Kate. Diese enge Verbindung von ihrer Freundschaft und ihrem Weg als Band macht Wolfman aus. Ihr Musikschaffen sei immer auch von ihrer aktuellen Stimmung abhängig, meint Angelo, «wenn es flowt, dann flowt es eben» .

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Foto: Valentin Cheli

Der Titel ihres ersten Albums, «Unified», spiegelt den symbiotischen musikalischen Prozess von Wolfman. Gerade bei diesem Album ist zu spüren, dass die Musiker:innen bei der Produktion noch mitten im jungen Erwachsenenalter waren.

Alles ist willkürlich

Der Track  «All Is Random» ruft laut Kate zum Loslassen auf, da alles im Leben als willkürlich angesehen werden kann. Die Kontrolle über den eigenen Lebensweg, die solle es nicht geben, ganz im positiven Sinne. «Vielleicht klingt das jetzt etwas wie ein nihilistisches Motto», schmunzelt die Musikerin. Ursprünglich sei der Text mitten im Liebeskummer entstanden. 

Dieses Lied zu schreiben, war wie eine Therapie, sagt Kate, als wir es uns auf ihrem Sofa gemütlich gemacht haben. Auf die Frage, ob dieses Motto auch heute noch für sie gelte, meint sie: «Heute vielleicht noch mehr!» 

Der Gedanke, das Leben auch mal machen zu lassen, helfe ihr noch immer sehr. Gerade beim Älterwerden seien die Zukunftsängste grösser geworden und auch aufgrund des aktuellen Weltgeschehens: «Wir leben in der Klimakrise. Was heisst heute schon Zukunft?», sagt Kate. 

Kate setzt sich aktivistisch für die Rechte der Tiere ein. Der ungleichen Beziehung zwischen Mensch und Tier haben die beiden das Lied «Humpback Whale» gewidmet. Auch wenn die letzten Jahre eine gewisse Desillusionierung mitsichgebracht haben, will Kate daran arbeiten, sich nicht komplett ohnmächtig zu fühlen, sagt sie. 

Wenn es früher um persönlichen Herzschmerz ging, ist Wolfman für Angelo und Kate heute ein Weg, mit einem globaleren Weltschmerz umzugehen. «Weniger Drama» sei für die Konzeption ihrer Musik wichtig, sagt Angelo. Sowohl in der Musikproduktion als auch auf der persönlichen Ebene hätten sich beide weiterentwickelt. Emotional bleibt das Duo aber noch immer: «Wir sind beide Hitzköpfe», lacht Kate. 

Wie es genau musikalisch bei Wolfman weitergeht, das ist noch unklar – Kate und Angelos Freundschaft und die Band bleiben aber bestehen. Hörer:innen werden sich in Zukunft einfach überraschen lassen müssen. Ungezwungen cool bleiben Wolfman bis heute, denke ich mir, als ich mich von Kate verabschiede. Wie die Musik auch wird mich dieses schöne Treffen noch eine Weile begleiten.