Shannon Hughes im Gespräch mit den Berner Künstler:innen Z The Freshman & Hotel Samar über ihr Album Poésie Nocturne im FRIDA Magazin

Film und Ästhetik waren für Z The Freshman & Hotel Samar bei der Konzipierung des neuen Albums genauso wichtig wie die Musik.

Foto: Jerry

Musik

Mit Z The Freshman & Hotel Samar durch die Nacht

Mit Poésie Nocturne haben Z The Freshman & Hotel Samar ein einzigartiges Mundart-Konzeptalbum in die Schweizer Musikwelt gebracht. Bei «FRIDA Hört Hin» erzählen die Berner:innen von der «Feuertaufe» ihres künstlerischen Schaffens und warum die Nacht der Ort des Erwachsenwerdens ist.

Von Shannon Hughes

Bern, 08.06.2023

6 min

Mit den ersten Pianoklängen des Tracks «Zu Lut», die verletzlich, aber bestimmt ertönen, weiten sich die Augen meiner Mitbewohnerin. «Ich ha gseit, das gfallt dir au» sage ich, leise genug, um das Lied nicht zu stören. Wortlos nickt meine Mitbewohnerin und lächelt, als der berndeutsche Power-Refrain gesungen wird: «D Nacht isch zu lut / I chöre ni we du rüefsch»

Wir stehen in der WG-Küche, es ist gegen elf Uhr abends und wir haben uns zuvor über unsere Tage unterhalten. Das Fenster zum Balkon war offen, um die kühle Nachtluft einfliessen zu lassen. Mein Tag hatte mich nach Bern zum Interview mit Z The Freshman & Hotel Samar geführt, ihr Album Poésie Nocturne, Nachtgedicht, begleitete mich seit Wochen. 

FRIDA Hört Hin Audiobeiträge mit Shannon Hughes

FRIDA Hört Hin

«FRIDA Hört Hin» ist dein Ohr für aktuelle Schweizer Musik. Die Szene ist dynamisch, divers und darf ruhig etwas lauter gehört werden. In der Audiobeitragsreihe porträtiert Shannon Hughes Musikschaffende und ihre Songs aus allen Genres. Von altbekannten Grössen bis hin zu aufstrebenden Neuentdeckungen, bei FRIDA sind alle zu hören.

Alle Episoden von «FRIDA Hört Hin» findest Du auch auf SpotifyDeezerApple Podcast und Podimo.

Bild: John Patrick Walder/ Luis Balzer

Ein geballtes Konzeptalbum rund um die Vielfalt der Nacht, im Zeichen des Erwachsenwerdens. Musikalisch sind R&B-, Soul-, Pop- und Jazz-Einflüsse zu hören. Die Mundart-Texte sind brandaktuell, gespickt mit Anglizismen und Slang, wie Menschen Anfang zwanzig hierzulande eben sprechen. Dass dieser Release vom Juni 2022 an mir vorbeigegangen ist, wundert mich auch an diesem Abend noch immer.

 

 

Z The Freshman & Hotel Samar sind in erster Linie multimediale Kunstschaffende, sie treten bevorzugt mit ihren Künstler:innennamen auf. Z The Freshman (er/ihn) ist Rapper, Sänger, Produzent, Filmemacher und Grafiker. Zu Hotel Samar zählen Anina Shona (sie/ihr), Sängerin und Schauspielerin, sowie Lo Steiner (er/ihn), Produzent, Musiker und Filmemacher und der Produzent niktaz (er/ihn). Die vier sind gemeinsam aufgewachsen, ein Teil der Gruppe wohnt heute zusammen. 

R&B auf Mundart

Zu Beginn der Konzeption von Poésie Nocturne stand bereits der Titel. Anhand des Facettenreichtums der Nacht haben die Künstler:innen zunächst Texte, dann Musik geschrieben und eineinhalb Jahre lang am Werk gefeilt. Das Ziel war, ihre geliebte R&B Musik, die meist auf Englisch zu hören ist, überzeugend ins Schweizerdeutsche zu bringen.

Shannon Hughes im Gespräch mit den Berner Künstler:innen Z The Freshman & Hotel Samar über ihr Album Poésie Nocturne im FRIDA Magazin

Shannon Hughes im Gespräch mit den Berner Künstler:innen Z The Freshman & Hotel Samar über ihr Album Poésie Nocturne im FRIDA Magazin.

Foto: Nils Klaus

Für Z The Freshman, der als Rapper bekannt geworden ist, war die Arbeit an Poésie Nocturne eine «Feuertaufe» seines künstlerischen Schaffens. Den starken Drang, experimentierfreudig mit Text und Musik umzugehen, haben alle Beteiligten verspürt. Produzent niketaz gibt zu, der Release des Albums sei «wie eine Geburt» gewesen. Für ihn sei aber rückblickend der Prozess, bei dem er einiges lernen konnte, bedeutender als das Produkt. 

Bei Z The Freshman & Hotel Samar kommen nebst der Musik auch weitere Kunstformen zusammen. Film und Ästhetik sind gleichwertig mit der Musik, um «eine eigene Welt» zu schaffen, sagt Z The Freshman. Bei den Videos haben alle mitkonzipiert, konkret erarbeitet wurden sie aber von Lo Steiner und Z The Freshman als Produzent, Autor und Darsteller. Die Dramaturgie ihrer Musikvideos gleicht der von Kurzfilmen, was für mich am besten beim Video zu «Dr letscht Bus» zu sehen ist. 

 

 

Auch die Farbgebung hat für das Gesamtkunstwerk eine grosse Rolle gespielt. Passend zur Nacht kommt das Cover von Poésie Nocturne in einem verruchten dunkelblau auf einem zarten weissen Hintergrund daher. 

Die Nacht steht laut den Künstler:innen im Zentrum ihres Werks, weil sie der Ort des Erwachsenwerdens ist. «Wir sind alle nachtaktiv», schmunzelt Z The Freshman. Den Facettenreichtum der gefeierten, aber auch melancholischen Nächte wollte die Gruppe einfangen. Wie schnell sich in einer Nacht die Gefühlslage verändern kann, ist im Track «Downtown/Asphalt» beeindruckend zu hören. Auf eine heitere, ekstatische Clubnacht folgt der ernüchternde Weg nach Hause. 

Persönlich und herausfordernd

Die vergangenen drei Lebensjahre der Berner:innen haben Poésie Nocturne inspiriert. Ein so persönliches Werk zu performen, sei zunächst eine Herausforderung für alle gewesen, erzählen sie. Inzwischen ist das Album bereits ein Jahr alt. Dadurch hat sich für sie ein angenehmer emotionaler Abstand zum Werk entwickelt, findet Anina Shona. Umso mehr geniesst sie es nun, mit ihren technischen Fähigkeiten das Publikum an den Liveshows zu begeistern.

Zu sehen sind Z The Freshman & Hotel Samar noch einige Male im Juni:

10. Juni – imagine Festival, Basel (gratis!)

15. Juni – Sommerkonzerte Bäckeranlage, Zürich (gratis!)

24. Juni – Stäcketöri Freiluft, Zäziwil

Auf, wir tanzen die Nacht durch!