Beim Drehen eines Films gehen Regie und Schauspiel zusammen auf einen Trip. «Als Casterin bin ich die ‘Matchmakerin’ zwischen beiden», sagt Corinna Glaus. Sie überlegt sich also, wer auf die Rolle passt, «wer mit wem funktioniert». Am Casting-Tag präsentiert sie der Regie zwei, drei Kandidat:innen. Dabei sei das wichtigste, dass Regie und Spieler:innen einander vertrauen. Nur dann könnten sich die Spielenden in ihrer Rolle fallenlassen und wirklich Glanzleistungen zeigen.
Die Arbeit der Casterin ist «eine sensible Sache». Diesen Ausdruck benutzt Corinna Glaus im Gespräch immer wieder; er zeigt, wie wichtig Fingerspitzengefühl ist, wie behutsam, sensibel sie agieren muss. Auch ihr Büro in Zürich-Hottingen ist zurückhaltend eingerichtet, mit wenigen, klaren Möbeln und Holzfussboden. Hingen nicht ein paar Scheinwerfer an der Decke, ahnte man kaum, dass hier für den Film gearbeitet wird.
Auch Casterinnen verbringen viel Zeit vor dem Computer, vor allem, um ihre Datenbank zu pflegen. Schliesslich ist gerade die deutschschweizer Filmszene klein – und die Gefahr gross, dass das Publikum immer den gleichen Gesichtern begegnet.
«Viele können sehr gut spielen, aber das Charisma, das eine Hauptrolle verlangt, haben nur wenige»,
sagt Glaus.
Die Hauptrollen sind am wichtigsten. Aber bei der Besetzung der grösseren Nebenrollen, «die die Welt erzählen, in der die Geschichte spielt», hat die Casterin mehr Freiheiten. Da trauen sich auch Regie und Produzenten, unbekannteren Akteur:innen eine Chance zu geben. Viele kleinere Rollen werden direkt ab Casting besetzt.
Die Filmmacher:innen vertrauen Glaus, sie kennt die Bedürfnisse und Zwänge der Branche, sie ist schon über 25 Jahre im Metier, hat schon so viele Filme besetzt, Arthouse-Streifen genauso wie internationale Blockbuster, «eine spannende Bandbreite». In jüngster Zeit etwa die SRF-Serie «Die Beschatter», die Serie «Neumatt», die Schweizer Folgen von «Tatort» oder Filme wie Dani Levys «Der Scheich», Roman Polanskys «The Palace», Michael Steiners «Early Birds» oder etwas Giorgio Dirittis «Lubo».
Zentral ist die Datenbank
Um immer wieder neue Perlen zu finden, verbringt die Casterin viel Zeit damit, ihre Datenbank auf dem Laufenden zu halten, in der sich über die Jahrzehnte alles angesammelt hat, was Rang und Namen hat oder bekommen möchte. Täglich geht sie bis zu 50 Bewerbungs-Mails durch, hält Kontakt mit Schauspielschulen, trifft Spieler:innen, geht ins Theater und schaut Filme, um Kandidat:innen ausfindig zu machen.
Doch gibt es noch immer viele Nachwuchs-Künstlerinnen, die den Castingprozess nicht kennen und kein Infomaterial einsenden: keine aussagekräftigen Fotos, keine Filme, keine Videos. Um unbekannte Gesichter zu finden, hat sie den Wettbewerb «Junge Talente» ausgeschrieben und ihn 2019 – «nach zehn Ausgaben in 13 Jahren, 40 Szenen mit 75 Talenten» –, wie es auf der Website heisst, eingestellt. Hier das best-Of-Video aus dem Jahr 2016: